27. Sep 2020
Im dritten Teil der Serie "Wenn im Alter das Geld ausgeht" erklärt Rechtsanwältin Petra Lanz, was es mit der Verwandtenunterstützung auf sich hat und wie diese geregelt ist. Pflichtig sind in erster Linie Eltern gegenüber (mündigen) Kindern und umgekehrt.
Die gegenseitige Unterstützungspflicht in auf- und absteigender Linie (Kinder–Eltern–Grosseltern) ist in den Artikeln 328 und 329 des Zivilgesetzbuchs geregelt. Pflichtig sind in erster Linie Eltern gegenüber (mündigen) Kindern und umgekehrt. Weder pflichtig noch unterstützungsberechtigt sind Geschwister, Stiefeltern und Stiefkinder sowie verschwägerte Personen.
Gemäss Art. 328 Abs. 1 ZGB sind Personen, welche in günstigen Verhältnissen leben, verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts lebt in günstigen Verhältnissen, wem aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenssituation eine wohlhabende Lebensführung möglich ist. Massgebende Bemessungsgrundlage ist das steuerbare Einkommen gemäss Bundessteuer zuzüglich einem Vermögensverzehr. Liegt das massgebende Einkommen zuzüglich dem Vermögensverzehr über der festgelegten Pauschale für die gehobene Lebensführung, kommt die Verwandtenunterstützung in Betracht.
Die anrechenbare Pauschale für Haushalte von unterstützungspflichtigen Verwandten wird wie folgt festgelegt:
Die Prüfung der Unterstützungspflicht sollte deshalb nur erfolgen, wenn die Einkommenszahlen der in Privathaushalten lebenden Verwandten über den nachfolgenden Sätzen liegen:
Vom steuerbaren Vermögen ist ein Freibetrag (für Alleinstehende 250’000 Franken, für Verheiratete 500'000 Franken, pro minderjähriges oder sich in Ausbildung befindendes Kind 40’000 Franken) abzuziehen. Der verbleibende Betrag soll aufgrund der durchschnittlichen Lebenserwartung umgerechnet (Jahresbetrag) und zum Einkommen gezählt werden. Die Umwandlungsquote hinsichtlich Alter des/der Pflichtigen berechnet sich wie folgt:
Als Verwandtenbeitrag ist grundsätzlich die Hälfte der ermittelten Differenz zwischen dem anrechenbaren Einkommen und der Pauschale für gehobene Lebensführung einzufordern. Verwandtenbeiträge können nicht mit Beschluss der Fürsorgebehörden eingefordert werden. Im Streitfall hat das unterstützungspflichtige oder kostentragende Gemeinwesen eine Zivilklage zu erheben, die sich auf Unterhaltsleistungen für die Zukunft und für höchstens ein Jahr vor Klageerhebung erstrecken kann. Die Unterstützungspflicht ist in besonderen Umständen (z.B. schweres Verbrechen gegenüber dem Pflichtigen oder einer diesem nahe verbundenen Person, Verletzung familienrechtlicher Pflichten gegenüber dem Pflichtigen oder dessen Angehörigen) zu ermässigen oder gar aufzuheben. Haben Pflichtige in erheblichem Umfang Grundeigentum oder andere Vermögenswerte, deren (teilweise) Verwertung im Moment nicht möglich oder nicht zumutbar ist, sind spezielle Vereinbarungen zu treffen (Fälligkeit des Betrages nach Verkauf der Vermögenswerte oder nach Ableben der Pflichtigen, gegebenenfalls mit grundpfandrechtlicher Sicherstellung).